Montag, 15. Oktober 2012


Gastbeitrag von Heimo Presser, einem ausgewiesenen Experten des Fivefingers. (Teil I)

Hi!

Vielen Danke für die netten Worte, ein „ausgewiesener Experte“ zu sein. Im Laufe der Jahre bin ich ja scheinbar wirklich zu einem solchen geworden, weil ich doch sehr vieles an mir selbst ausprobiert habe. Daraus ist dann auch mein Skriptum entstanden.

Zu den Fivefingers muss ich natürlich etwas weiter ausholen. Die Geschichte beginnt so, dass ich vor etwa zehn Jahren meine Liebe zum Sport (wieder)fand. Damals war gerade der Strunz „in“, also musste folglich jeder moderne Mensch laufen. Das probierte ich auch, mit falscher Bekleidung, falschem Schuhwerk und null Wissen. Überraschenderweise funktionierte es doch irgendwie, und so mutierte ich also zum Läufer, neben anderen sportlichen Dingen, die ich tat. Drei Jahre später sah ich dann in einer Fachzeitschrift zum ersten Mal die Fivefingers. Wow, dachte ich, was ist denn das? Vermutlich denken wohl auch heute noch viele Menschen so, wenn sie die Dinger zum ersten Mal sehen. Jedenfalls interessierten mich die neuartigen „Schuhe“ und ich sah gleich auf der Homepage von zehenschuhe.de nach dem Preis. Der haute mich um – knapp 80 Euro waren für mich viel zu teuer und das Thema erstmal vom Tisch.

Rund ein Jahr später führte der Zufall Regie. Ich lief noch immer recht gern, aber irgendwie fehlte mir das „Gefühl“ dabei. Heute spricht man von „natural running“ mit „Barfußschuhen“, damals liefen alle (und so natürlich auch ich) mit gut gedämpften, ultradicken Laufschuhen herum. Aus heutiger Sicht kann ich natürlich benennen, dass mich die Stoßdämpfer unter den Füßen um mein gutes Laufgefühl brachten und dass man von einem „energy-return“ da gar nicht reden braucht, aber damals kannte noch niemand diese Begriffe. Und mir gefiel diese Art zu laufen nicht mehr! Ich wollte dünnere Schuhe. Die fand ich auch in den Triathlon-Schuhen der Firma Zoot – sowas wollte ich haben, man konnte endlich wieder den Boden unter den Füßen spüren. Ich war mit den Schuhen auch zufrieden, bis ich – zufällig – einen jungen Mann sah, der die Fivefingers anhatte. Den traute ich mich gar nicht anzusprechen, aber ich sah die Treter zum ersten Mal „live“ und dachte mir: und jetzt kaufst du sie dir endlich. 

In Ermangelung genauer Angaben zur Schuhgröße erwischte ich sie unglücklicherweise beim ersten Kauf eine Nummer zu groß, aber der buchstäbliche „erste Schritt“ war getan. Vom Geh-Gefühl war ich überwältigt. Alle Zehen konnte ich uneingeschränkt bewegen (heute nennt man das „Entkoppelung“), und die Sohle war derart dünn, dass ich sogar den Schotter vor dem Haus spüren konnte. Wohl gemerkt: Es tat nicht weh, ich konnte nur die Unebenheiten spüren. Und dann wusste ich, was mir bei meinen dicken Schuhen abging: Der Bodenkontakt. Das Gefühl für den Untergrund war mir durch die dicke Sohle und die Dämpfung total abhanden gekommen. Mit diesem Moment war mir auch klar, dass ich eigentlich schon immer total auf dieses sensorische „Feedback“ meiner Füße stand. Bereits als Kind liebte ich es, barfuß durch die Gegend zu hüpfen, vor allem im Italien-Urlaub. Aber als junger Bursche kriegt man das noch nicht so bewusst mit, und erst mit den Fivefingers entdeckte ich sozusagen meinen persönlichen Bodenkontakt wieder. 


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